Ein Limerick-Dichter aus Leimen
War stolz auf sein treffliches Reimen
Doch macht’s nicht allein
Der treffliche Reim
Man muss auch den Rhythmus gut timen
.
Was ist ein Limerick?
Der Limerick ist ein kurzes, scherzhaftes Gedicht in Reimform. Seine entscheidenden Merkmale sind die Fünfzeiligkeit, das Reimschema aabba, die spezielle anapästisch-daktylische Rhythmik und die Pointe am Ende.
Die besten und einprägsamsten Limericks haben eine starke Pointe, nutzen nur saubere Reime und halten Reimschema und Rhythmik vollkommen ein.
Die meisten Limericks haben einen Ort, eine Region etc. als Reimwort am Ende der ersten Zeile. Manchmal werden auch Ortsnamen erfunden, um bestimmte Reime erzeugen zu können. Ich persönlich empfinde das als einen Makel, da der Bezug auf eine reale Örtlichkeit ein wichtiges komisches Element des Limericks darstellt.
Reimschema
Das Reimschema ist aabba, das heißt, die erste, zweite und fünfte Zeile schließt mit demselben Reim ab. Die dritte und vierte Zeile hat einen eigenen Reim.
Rhythmik bzw. Versmaß
Die Zeilen eins, zwei und fünf weisen drei betonte Silben auf; die Zeilen drei und vier sind kürzer und haben nur zwei betonte Silben.
Zwischen zwei Betonungen innerhalb einer Zeile liegen zwei unbetonte Silben. Jede Zeile beginnt mit einer unbetonten Silbe (sehr häufig) oder mit zwei (seltener). Enden kann eine Zeile mit einer Betonung (häufig), mit einer unbetonten Silbe (häufig) oder auch mit zwei unbetonten (seltener).
Eine ungleiche Zahl von Silben in Zeilen mit gleichem Reim sollte, wenn irgend möglich, vermieden werden.
Es ist aber statthaft, die Zeilen des einen Reims mit zwei unbetonten Silben zu beginnen, die Zeilen des anderen Reims jedoch mit nur einer.
Formvollendeter ist ein Limerick allerdings, wenn die Zahl der unbetonten Silben am Zeilenanfang für alle fünf Zeilen gleich ist.
Folgende Darstellung verdeutlicht die Rhythmik (mit da ist eine unbetonte, mit di eine betonte Silbe bezeichnet):
(da)dadida dadida dadi(da)(da)
(da)dadida dadida dadi(da)(da)
(da)dadida dadi(da)(da)
(da)dadida dadi(da)(da)
(da)dadida dadida dadi(da)(da)
Es gibt bekannte und sehr witzige Limericks, die das Versmaß nicht vollständig einhalten. Wer zählt schon beim Lesen oder Hören ständig die Silben durch oder prüft, ob alle Betonungen richtig sitzen? Entscheidend ist letztlich, dass Versmaßverstöße nicht störend wirken und dass die Pointe zündet.
Die Pointe
Wann ist eine Pointe witzig? Diese Frage kann nicht allgemeingültig beantwortet werden, ebenso wenig wie die Frage, was Kunst ist und was nicht. Es gibt nicht nur ein durch Kultur, Erziehung und Zeitgeist geprägtes Verständnis von Humor, er unterscheidet sich mitunter erheblich innerhalb der gleichen Kultur und Zeit. Was der eine witzig findet, mag einem anderen nicht mal ein Schmunzeln abringen. Witze auf Kosten bestimmter Gruppen erscheinen dem einen geschmacklos, ein anderer klopft sich dabei auf die Schenkel. Was manche erheitert, mögen andere vielleicht abgeschmackt, peinlich, zotig finden etc.
Dennoch ist Witz bzw. Humor nicht beliebig, es lassen sich die notwendigen Ingredienzen durchaus beschreiben, jedoch nicht so hinreichend, dass man sie wie ein Chemiker nur zusammenschütten muss, um eine Lachreaktion zu erzeugen. Eine der notwendigen Voraussetzungen für eine witzige Pointe ist aber immer der Überraschungseffekt, das unerwartete Ende einer Handlung oder eines formulierten Gedankens, ist der unerwartete Sinn. Man erkennt plötzlich sinnstiftende Zusammenhänge zwischen an sich nicht zusammenpassenden Konzepten.
Aber muss ein guter Limerick immer witzig sein, immer eine Pointe haben?
In der Regel ja, aber es gibt Ausnahmen. Ein Limerick kann auch durch besondere sprachliche Eleganz bestechen, und zwar hinsichtlich Wortwahl, Rhythmus und Reimen. Sein Thema sollte aber auch dann einen heiteren Grundton haben. Moralisierende, anklagende Verse passen nicht zu einem Limerick. Es spricht aber auch nichts dagegen, solche Gedichte im Versmaß des Limericks zu schreiben, nur sollte man sie dann nicht Limericks nennen. In meiner Rubrik Aphorismericks finden sich einige solche Gedichte.
Beispiele
(die betonten Silben sind jeweils rot markiert)
Man munkelt, es lebten in Grove
Nur Trottel, Bekloppte und Doofe
Doch das ist nicht wahr!
Ich wurde gewahr
Dort lebt auch ein schlauer Ganove
Der Limerick entspricht dem Schema:
dadida dadida dadida
dadida dadida dadida
dadi dadadi
dadi dadadi
dadida dadida dadida
Dieser Limerick beginnt mit zwei unbetonten Silben in den kürzeren Zeilen:
Es gab einen Toten in Seesen
Der wollte partout nicht verwesen
Da verwurstete schnell
Man ihn industriell
Denn schmackhaft war er noch gewesen
Der Limerick entspricht dem Schema:
dadida dadida dadida
dadida dadida dadida
dadadi dadadi
dadadi dadadi
dadida dadida dadida
In diesem Beispiel gibt es einen Silbenfehler in Zeile 4, der aber kaum zu vermeiden ist und der das Gefühl rhythmischer Stimmigkeit auch nur unwesentlich beeinträchtigt:
Ein Skinhead bekam mal in Kirn
Mit Wucht einen Schlag auf die Stirn
Da wurde schnell klar
Nicht nur kein Haar
Der hatte auch keinerlei Hirn
Der Limerick entspräche ohne Silbenfehler dem Schema:
dadida dadida dadi
dadida dadida dadi
dadi dadadi
dadi dadadi
dadida dadida dadi
In diesem Beispiel gibt es einen unsauberen Reim, der wegen der Pointe nicht vermeidbar ist, der aber das Sprachgefühl auch nicht entscheidend beeinträchtigt:
Es riet ein Bestatter aus Bremen:
„Sie sollten das lockerer nehmen.
Ihr Mann ist zwar tot,
doch bringt Ihre Not
der Innung ein besseres Leben!“