Unter Aphorismericks verstehe ich Aphorismen, die die Versform eines Limericks haben, bei denen aber nicht eine witzige Pointe im Vordergrund steht, sondern ein Bonmot.
Wir wähnen, als falsche Bemesser
Den anderen geh’ es viel besser
Doch mancher, dem’s Herz bricht
Der zeigt uns den Schmerz nicht
Dafür die Fassade viel kesser
Eugen Roth
Die Angst ist sehr schwer zu beschreiben
Sie kann in den Wahnsinn uns treiben
Sie will nicht beflügeln
Viel eher uns zügeln
Sie will, dass wir uns an ihr reiben
Heinz Hermann Michels
Man sollte die Menschen mal fragen
Die immerfort seufzen und klagen
Im Abseits zu stehen
Die Schlechtes nur sehen
Warum sie die Umkehr nicht wagen
Helmut Lindhorst
Es waren die Snobs in Gastein
Fixiert auf Besitz und den Schein
Den Klugen war klar
Warum das so war:
Das Haben bestimmte ihr Sein!
Heinz Hermann Michels
Unsre Tage sind wahrlich gezählt
Kaum geboren sind wir schon vermählt
Haben Kinder gezeugt
Uns allmählich gebeugt
Und zum Ende uns nur noch gequält
Heinz Hermann Michels
Ein Limerick ist nicht nur heiter
Er ist auch mit Wortwitz gescheiter
Als Zwietracht und Hetze
Und harte Gesetze
Drum Limerick-Dichter: macht weiter!
Ulrich Gläsker
Wenn Impfgegner montags spazieren
Geh‘n Rechte mit ihnen flanieren
Wie retten wir sie
Die Demokratie?
Ganz sicher nicht, wenn wir uns zieren
Tom Damm
Einst wollte ein Jüngling aus Kerben
Fürs Vaterland heldenhaft sterben
Schon bald lag der Held
Zerfetzt auf dem Feld
Und namenlos blieb sein Verderben
Heinz Hermann Michels
Der Mensch sagt oft zwar so leichthin
- Und doch, die Wehmut beschleicht ihn -
Der Tod treffe jeden!
Doch, noch unter’m Reden
Hofft er, er träf’ nur vielleicht ihn
Eugen Roth
Ein Limerick-Dichter aus Leimen
War stolz auf sein treffliches Reimen
Doch macht’s nicht allein
Der treffliche Reim
Man muss auch den Rhythmus gut timen
Bernhard H. Behncke
Man tut immer so, als ob Reisen
Ein Muss sei, der Stein gar der Weisen
Von fremder Kultur
Bleibt meistens doch nur
Das Wetter, Getränke und Speisen
Peter Scholer
Es gibt einen weisen Shogun
Der sagt, es sei nicht opportun
Den Tiger zu fangen
Um dann zu verlangen
Was der würd’ in Freiheit nie tun
Heinz Hermann Michels
Es hat jüngst ein Mann in den Staaten
Regierungsverbrechen verraten
Jetzt wird er gehasst
Und soll in den Knast
Das fordern sogar „Demokraten“
Heinz Hermann Michels
Ein Sturm fegt durch Flure und Räume
Was bleibt, ist ein Wald ohne Bäume
Der Asten ist kahl
Der Notstand total
Das Klima braucht mutige Träume
Tom Damm
Die Presse, die oft voller Tücken
Macht gern Elefanten zu Mücken
Noch lieber verfährt
Sie umgekehrt
Gilt’s Wahrheit zu unterdrücken
Eugen Roth
So mancher, der heut’ noch verlacht ist
Schon morgen vielleicht an der Macht ist
Drum zieht es der Feige
Wohl vor, dass er schweige
Damit er mit keinem verkracht ist
Eugen Roth
Gut wissen die Herrn zu vertuschen
Was alles dreist sie verpfuschen
Das Volk wird’s schon fressen
Und wieder vergessen
Hauptsache bleibt: Wird es kuschen?
Eugen Roth
Zu Neujahr nahm einer sich vor:
Jetzt endet mein Leben als Tor!
Das Jahr ging vorbei
Mit Fun und Juchhei
Und alles blieb so wie zuvor
Walter Dikomey
Die Welt scheint sich deutlich zu wandeln
Es bleibt nicht viel Zeit, um zu handeln
Doch trotz alledem
Wir bleiben bequem
Obwohl wir die Erde verschandeln
Ulla Beelte
Der neue Weltrekord-Meister
Die Massen zum Jubel hin reißt er
Mit Gold gilt’s zu rahmen
Unsterbliche Namen!
Verzeiht! Ich vergaß schon: Wie heißt er?
Eugen Roth
Inwiefern, frag ich manchmal, sind wir
So besonders und deshalb kein Tier?
Ist es Kunst, Poesie?
Ist es Philosophie?
Oder grenzenlos tödliche Gier?
Beat Spitz
Gern schau’n wir mit Wehmut zurück
Seh’n all das Vergang’ne im Glück
Und alles scheint wahr
Doch dann wird uns klar
Vom Ganzen war’s doch nur ein Stück
Helmut Lindhorst