Unter Aphorismericks verstehe ich Aphorismen, die die Versform eines Limericks haben, bei denen aber nicht eine witzige Pointe im Vordergrund steht, sondern ein Bonmot.

Wir wähnen, als falsche Bemesser

Den anderen geh’ es viel besser

Doch mancher, dem’s Herz bricht

Der zeigt uns den Schmerz nicht

Dafür die Fassade viel kesser

 

Eugen Roth

 

 

Die Angst ist sehr schwer zu beschreiben

Sie kann in den Wahnsinn uns treiben

Sie will nicht beflügeln

Viel eher uns zügeln

Sie will, dass wir uns an ihr reiben

 

Heinz Hermann Michels 

 

 

Man sollte die Menschen mal fragen

Die immerfort seufzen und klagen

Im Abseits zu stehen

Die Schlechtes nur sehen

Warum sie die Umkehr nicht wagen

 

Helmut Lindhorst

 

 

Es waren die Snobs in Gastein

Fixiert auf Besitz und den Schein

Den Klugen war klar

Warum das so war:

Das Haben bestimmte ihr Sein!

 

Heinz Hermann Michels

 

 

Unsre Tage sind wahrlich gezählt

Kaum geboren sind wir schon vermählt

Haben Kinder gezeugt

Uns allmählich gebeugt

Und zum Ende uns nur noch gequält

 

Heinz Hermann Michels

 

 

Ein Limerick ist nicht nur heiter

Er ist auch mit Wortwitz gescheiter

Als Zwietracht und Hetze

Und harte Gesetze

Drum Limerick-Dichter: macht weiter!

 

Ulrich Gläsker

 

 

Einst wollte ein Jüngling aus Kerben

Fürs Vaterland heldenhaft sterben

Schon bald lag der Held

Zerfetzt auf dem Feld

Und namenlos blieb sein Verderben

 

Heinz Hermann Michels

 

 

Der Mensch sagt oft zwar so leichthin

- Und doch, die Wehmut beschleicht ihn -

Der Tod treffe jeden!

Doch, noch unter’m Reden

Hofft er, er träf’ nur vielleicht ihn

 

Eugen Roth

 

 

Ein Limerick-Dichter aus Leimen

War stolz auf sein treffliches Reimen

Doch macht’s nicht allein

Der treffliche Reim

Man muss auch den Rhythmus gut timen

 

Bernhard H. Behncke

 

 

Man tut immer so, als ob Reisen

Ein Muss sei, der Stein gar der Weisen

Von fremder Kultur

Bleibt meistens doch nur

Das Wetter, Getränke und Speisen

 

Peter Scholer

 

 

Es gibt einen weisen Shogun 

Der sagt, es sei nicht opportun 

Den Tiger zu fangen 

Um dann zu verlangen 

Was der würd in Freiheit nie tun 

 

Heinz Hermann Michels

 

 

Es hat jüngst ein Mann in den Staaten

Regierungsverbrechen verraten

Jetzt wird er gehasst

Und soll in den Knast

Das fordern sogar „Demokraten“

 

 Heinz Hermann Michels

 

 

Die Presse, die oft voller Tücken

Macht gern Elefanten zu Mücken

Noch lieber verfährt

Sie umgekehrt

Gilt’s Wahrheit zu unterdrücken 

 

Eugen Roth

 

 

So mancher, der heut’ noch verlacht ist

Schon morgen vielleicht an der Macht ist

Drum zieht es der Feige

Wohl vor, dass er schweige

Damit er mit keinem verkracht ist

 

Eugen Roth

 

 

Gut wissen die Herrn zu vertuschen

Was alles dreist sie verpfuschen

Das Volk wird’s schon fressen

Und wieder vergessen

Hauptsache bleibt: Wird es kuschen?

 

Eugen Roth

 

 

Zu Neujahr nahm einer sich vor:

Jetzt endet mein Leben als Tor!

Das Jahr ging vorbei

Mit Fun und Juchhei

Und alles blieb so wie zuvor

 

Walter Dikomey

 

 

 

 

Die Welt scheint sich deutlich zu wandeln
Es bleibt nicht viel Zeit, um zu handeln
Doch trotz alledem
Wir bleiben bequem
Obwohl wir die Erde verschandeln

 

Ulla Beelte

 

 

Der neue Weltrekord-Meister

Die Massen zum Jubel hin reißt er

Mit Gold gilt’s zu rahmen

Unsterbliche Namen!

Verzeiht! Ich vergaß schon: Wie heißt er?

 

Eugen Roth

 

 

Inwiefern, frag ich manchmal, sind wir

So besonders und deshalb kein Tier?

Ist es Kunst, Poesie?

Ist es Philosophie?

Oder grenzenlos tödliche Gier?

 

Beat Spitz

 

 

Gern schaun wir mit Wehmut zurück

Sehn all das Vergangne im Glück

Und alles scheint wahr

Doch dann wird uns klar

Vom Ganzen wars doch nur ein Stück

 

Helmut Lindhorst